Was ist ein Warenwirtschaftssystem?

Ein Warenwirtschaftssystem (WWS, WaWi) ist eine Softwarelösung für Unternehmen zur Planung, Steuerung und Überwachung des gesamten Warenflusses. Vor allem Handels- und Produktionsunternehmen nutzen die Vorteile von Warenwirtschaftssystemen, um betriebliche Kernbereiche wie Einkauf und Wareneingang, Lagerhaltung und Logistik sowie Warenausgang und Vertrieb zu steuern und zu optimieren. Doch grundsätzlich bringen eine vernünftig organisierte Warenwirtschaft, Lagerhaltung und Logistik jedes Unternehmen voran, das mit mehr Artikeln, Aufträgen und wichtigen Zahlen arbeitet, als die Verantwortlichen im Gedächtnis behalten könnten. 

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1. Definition Warenwirtschaftssystem

Die Warenwirtschaft ist ein Teilbereich der Betriebswirtschaft, in der es um die Verwaltung, Planung und Steuerung von physischen Warenströmen innerhalb der Geschäftsprozesse eines Unternehmens geht. 

Leitziel der Warenwirtschaft ist dabei immer, für die Kunden und die Produktion 

  • den richtigen Artikel,
  • in der richtigen Menge,
  • mit der richtigen Qualität,
  • zum richtigen Zeitpunkt,
  • zum richtigen Ort und
  • zum richtigen Preis

bereitzustellen. Hierzu müssen verschiedene Informationen, z. B. Lieferanten- und Artikelstammdaten, Gesamt- und Teilbestände, Bewegungsdaten, Auftrags- und Kundendaten erfasst und verarbeitet werden. Und das ist eine so vielseitige, aufwendige, wichtige und vor allem nie endende Aufgabe, dass ihre zuverlässige Erledigung selbst in kleinen Produktions- oder Handelsunternehmen heutzutage kaum noch ohne Warenwirtschaftssystem möglich ist. 

Ein Warenwirtschaftssystem ist eine IT-Anwendung bzw. Software, mit der sich die Warenflüsse im Unternehmen mengen- und wertmäßig abbilden und entsprechend den Zielen des Unternehmens steuern lassen. In Warenwirtschaftssystemen werden alle Bestände und Bestandsveränderungen (wie Zugänge von Lieferanten oder Abgänge an Kunden) sowie lagerinterne Bewegungen (Um- und Zulagerungen von Artikeln) in Form von Datensätzen dokumentiert und können auch direkt an andere Systeme (Buchhaltung, Qualitätsmanagement etc.) gesendet und dort verarbeitet werden.
 

1.1 Aufgaben und Ziele eines Warenwirtschaftssystem

Zu den generellen Aufgaben eines Warenwirtschaftssystems zählen: 

  • Steuerung des internen (und ggf. auch externen) Warenflusses
  • Erfassung und bedarfsgerechte Bereitstellung von Stamm- und Bewegungsdaten (Artikel, Lager, Kunden, Preise etc.)
  • Rechnungslegung
  • Inventur
  • Controlling/Statistik

Diese Kernprozesse lassen sich mit einem IT-gestützten Warenwirtschaftssystem schneller, sicherer und fehlerfreier umsetzen als ohne. Dazu kommen zahlreiche Möglichkeiten, das System zu individualisieren, so dass es exakt zu den Anforderungen des Unternehmens passt. Am effizientesten sind Systeme, die sich rasch und problemlos in bereits vorhandene Strukturen integrieren lassen, also keine langwierigen Installationen oder Umstellungen im Unternehmen erfordern, sondern sofort nutzbar sind. Das Warenwirtschaftssystem sollte nur die Funktionen mitbringen, die im Betrieb wirklich gebraucht und genutzt werden – mit der Option, es bei Bedarf später problemlos erweitern oder ergänzen zu können. Darüber hinaus muss das System benutzerfreundlich, also sicher und intuitiv zu bedienen sein, damit es von allen Mitarbeitern, die es nutzen werden, akzeptiert wird und die entsprechenden Arbeitsabläufe spürbar erleichtert und verbessert.
 

1.2 Einsatzbereiche

Ein Warenwirtschaftssystem deckt verschiedene Aufgaben innerhalb eines Unternehmens ab und unterstützt sämtliche Handelsprozesse: 

Einkauf/Beschaffung: 

  • Lieferantenauswahl
  • Verwaltung Angebote
  • Bestellwesen
  • Disposition
  • Reklamation

Wareneingang: 

  • Anlieferung
  • Kaufmännische Rechnungsprüfung
  • Warenannahme
  • Warenkontrolle (qualitativ, quantitativ)

Lager/Logistik: 

  • Lagerplatzverwaltung
  • Lagerbestandsführung
  • Kommissionierung
  • Umlagerungen 
  • Inventur

Warenausgang/Versand:

  • Auftragsbearbeitung
  • Warenausgangskontrolle
  • Versandabwicklung

Verkauf/Vertrieb: 

  • Verwaltung Kundendaten
  • Planung, Durchführung und Überwachung von Aktionen
  • Retourenmanagement
  • Verwaltung Verkäufer-/Vertreterdaten

 

1.3 Vom Lagerbuch zum WWS – ein kurzer geschichtlicher Abriss

Vor Beginn des Computerzeitalters wurden Lagerbestände und Veränderungen des Bestandes durch Zu- und Abgänge manuell in einem Lagerbuch erfasst. Ab den 1960er Jahren standen dann erste IT-gestützte WaWi-Systeme zur Verfügung, die aufgrund der hohen Kosten (für die Anschaffung, den Betrieb und die Pflege der teuren Hardware) zunächst nur von großen Unternehmen genutzt werden konnten. Die Entwicklung von moderner Halbleitertechnologie sorgte dann ab den 1980er Jahren dafür, dass weltweit immer mehr Unternehmen auf EDV (Elektronische Datenverarbeitung) umstellten und ihre Geschäftsprozesse mit IT-Unterstützung optimierten. 

Mittlerweile ist IT aus Handel und Produktion nicht mehr wegzudenken, was nicht zuletzt der rasanten technischen Entwicklung zu verdanken ist. Hard- und Softwaresind heute deutlich leistungsstärker als zu Beginn der ersten Warenwirtschaftssysteme, dabei erheblich billiger in Anschaffung und Betrieb und zudem stabiler und langlebiger. Tatsächlich reichen ein modernes Smartphone oder ein durchschnittlich leistungsfähiger PC mit Internetverbindung bereits aus, um ein cloudbasiertes WWS in vollem Umfang nutzen zu können. 

Einen weiteren technologischen Schub löste das Internet aus, das vor allem den Handel grundlegend und nachhaltig verändert hat. Heute haben sich nicht nur private Kunden daran gewöhnt, im Onlinehandel rund um die Uhr einkaufen zu können oder mit wenigen Klicks die Preise und Verfügbarkeiten verschiedenster Waren und Dienstleistungen zu vergleichen. Bestellungen und Rechnungen werden papierlos per E-Mail versendet und Lieferungen automatisch avisiert. Die Nutzung von integrierten Logistik-Strategien wie Just-in-Time-/Just-in-Sequence-Lieferungen oder Kanban wird durch moderne Warenwirtschaftssysteme ebenso unterstützt wie E-Commerce und Onlinehandel. 
 

2. Welche Arten von Warenwirtschaftssystemen gibt es?

Grundsätzlich können Warenwirtschaftssysteme nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden: 

  • Grad der Individualisierung: Standardsoftware oder Individuallösung
  • Technische Umsetzung: On-Premise oder Cloud/SaaS
  • Geschlossen, offen, integriert 
  • Grad der Spezialisierung: branchenneutrale oder branchenspezifische Lösung

Standardsoftware oder Individuallösung

Standardsoftware deckt einen breiten und für den jeweiligen Einsatzzweck typischen Funktionsumfang ab und kann ggf. weitere Funktionen modular ergänzen oder über Schnittstellen von Drittsystemen bereitstellen. 

 

Standardisiertes WWS
Vor- und Nachteile
Unternehmensindividuelles WWS
Vor- und Nachteile
+ Geringere Kosten und schnelle Verfügbarkeit
+ Geringer Wartungsaufwand
+ Releasefähigkeit
- individuelle Anpassungen nicht oder nur mit hohem Aufwand möglich
+ Exakte Abbildung von unternehmensspezifischen Prozessen
- Hoher Wartungsaufwand
- Hohe Kosten (Entwicklung, Einführung, Systempflege, Weiterentwicklung)

 

Die grundlegenden Prozesse innerhalb der betrieblichen Warenwirtschaft sind bei allen Handels- und Produktionsunternehmen vergleichbar bis identisch. Das hat in den letzten rund 20 Jahren dazu geführt, dass standardisierte Warenwirtschaftssysteme, die fehlende Funktionen nachliefern können, auf dem Markt besonders erfolgreich sind. Das erweitern des Systems bzw. Nachrüsten von Funktionen erfolgt z. B. in Form von Add-ons oder über Schnittstellen (s. u.) 

On-Premise oder cloudbasierte Warenwirtschaftssysteme

Ein Warenwirtschaftssystem kann entweder vor Ort in einem eigenen Rechenzentrum (On-Premise) installiert und selber gehostet oder in einer Cloud (als Software as a Service oder SaaS) betrieben werden.

 

 On-Premise WWSCloud WWS
InstallationAuf IT-Infrastruktur des Unternehmens (Rechenzentrum)Auf IT-Infrastruktur des Anbieters
Zugriff/NutzungNur innerhalb des Unternehmensnetzwerkes Standortunabhängig via Internet
Wartung/UpdatesDurch eigenes IT-PersonalDurch Anbieter
Sicherheit/BackupsDurch eigenes IT-PersonalDurch Anbieter
KostenHohe Anfangsinvestition, laufende Kosten für Lizenzen, Wartung, Betrieb Rechenzentrum, Personal)Monatliche oder jährliche Pauschale je Lizenz/Nutzer


Offene, geschlossene oder integrierte Warenwirtschaftssysteme

Grundsätzlich werden offene, geschlossene und integrierte Warenwirtschaftssysteme unterschieden. 

  • In einem geschlossenen Warenwirtschaftssystem werden alle Prozesse, die die Warenwirtschaft betreffen, in einem IT-System abgebildet. 
  • Bei einem offenen Warenwirtschaftssystem wird mindestens ein Prozess in der betrieblichen Warenwirtschaft von einem anderen, z. B. einem unternehmensweit genutzten ERP-System, abgebildet. In der Praxis erfolgt der notwendige Datenaustausch zwischen beiden Systemen fast immer über manuelle oder automatische Schnittstellen bzw. Konnektoren.
  • Ein integriertes Warenwirtschaftssystem ist über Schnittstellen/Konnektoren mit externen Dienstleistern, Lieferanten, Kunden etc. verbunden. Damit können z. B. Versandbenachrichtigungen oder Lieferavis automatisch per EDI (Electronic Data Interchange, elektronischer Datenaustausch) an Kunden gesendet oder bei Unterschreitung der im WWS hinterlegten Mindestbestände automatisch Bestellungen bei den entsprechenden Lieferanten ausgelöst werden.

Branchenneutrale oder branchenspezifische WWS-Lösung

Ein modernes, branchenneutrales Warenwirtschaftssystem deckt alle Kernfunktionen der betrieblichen Warenwirtschaft ab und ist daher für viele Handels- oder Produktionsunternehmen vollkommen ausreichend. Für Branchen mit besonderen Anforderungen (z. B. Pharma- oder Chemieindustrie, Lebensmitteleinzelhandel, Automotive etc.) gibt es auch branchenspezifische Anwendungen. Viele KMU nutzen auch Systeme, die nach dem Baukastenprinzip funktionieren und die Option bieten, branchenspezifische Anwendungen oder Funktionen modular nachzurüsten und so das Warenwirtschaftssystem an Veränderungen (z. B. der Kundenanforderungen) anzupassen.


3. Was sind die Unterschiede zwischen einem Warenwirtschaftssystem und einem ERP-System?

Ein Warenwirtschaftssystem bildet den Materialfluss innerhalb und außerhalb des Unternehmens vollständig ab und unterstützt bei der Planung, Steuerung und Optimierung von Teilprozessen innerhalb der Warenwirtschaft. Ein Enterprise Ressource Planning- oder kurz ERP-System ermöglicht hingegen die Planung, Steuerung und Optimierung sämtlicher unternehmerischen Ressourcen, z. B. auch von Personal, Anlagegütern und Finanzen. 

In der Praxis sind die Grenzen zwischen Warenwirtschafts- und ERP-Systemen fließend und verschwimmen immer mehr, denn moderne WWS bieten zunehmend auch Funktionen aus dem Bereich ERP und umgekehrt.

 

4. Wie ist ein Warenwirtschaftssystem aufgebaut?

Jede WWS-Software basiert auf einer zentralen Datenbank, in der alle relevanten Daten des Unternehmens in einer definierten Struktur gespeichert und verwaltet werden. Die Daten werden hierbei in Stamm- und Bewegungsdaten unterschieden: 

Stammdaten sind Grunddaten, die sich nicht oder nur selten verändern, z. B. Artikel, Lagerplätze, Lieferanten, Kunden etc. 

Bewegungsdaten sind dynamisch, beziehen sich auf die hinterlegten Stammdaten und entstehen durch Transaktionen wie Zu- oder Abgänge im Lager, Lieferungen, Zahlungs- und Wareneingänge etc. Die Bewegungsdaten bilden also immer Veränderungen ab und machen diese im besten Fall vollständig transparent und nachvollziehbar. 

Die Bedienung eines Warenwirtschaftssystem erfordert keine Datenbank- oder IT-Kenntnisse, sondern erfolgt über Eingabemasken. Der Zugriff auf die Masken und Funktionen wird über eine im System hinterlegte Berechtigungsmatrix gesteuert, so dass gewährleistet ist, dass z. B. Mitarbeiter im Wareneingang nur die WE-Masken und -Funktionen sehen und nutzen können, die ihren Aufgaben und Zuständigkeiten entsprechen. 

 

5. Welche Funktionen bietet ein Warenwirtschaftssystem?

Moderne WWS sind – wie andere IT-Anwendungen auch – modular aufgebaut. Das bedeutet, dass der genaue Funktionsumfang vom Kunden selber festgelegt und im Bedarfsfall auch nachträglich problemlos erweitert werden kann. Im Allgemeinen bietet das Warenwirtschaftssystem jedoch bereits im Standard mindestens die Module Beschaffung (Einkauf und Wareneingang), Lagerverwaltung und Absatz (Warenausgang und Vertrieb). Weitere Funktionen lassen sich bei Bedarf auch im laufenden Betrieb nachrüsten; ebenso können andere interne oder externe IT-Systeme per Schnittstellen angebunden werden. 

5.1 Funktionen Beschaffung und Wareneingang

Die Beschaffung von Materialien und Gütern gehört für Handels- und Produktionsunternehmen jeder Größe zum täglichen Geschäft. Ein IT-gestütztes Warenwirtschaftssystem ermöglicht es Unternehmen, ihre Beschaffungsprozesse effizienter, kostengünstiger und fehlerfreier abzubilden, etwa durch folgende Funktionen: 

  • Lieferantenmanagement: Verwaltung von Stammdaten zu jedem Lieferanten wie Adressen, Lieferkonditionen, Artikel; dazu Bestellhistorie, Bewertungen und Audits. 
  • Disposition: Vorausschauende Ermittlung von optimalen Liefermengen und -terminen, basierend auf den im System hinterlegten Bedarfen (z. B. aus der Produktions- oder Absatzplanung) oder den erwarteten Verbräuchen. Vermeidung von Lieferengpässen/‑ausfällen sowie von Überbeständen. Automatische Erzeugung von Bestellvorschlägen bei Erreichen des im System hinterlegten Mindest- oder Bestellbestandes. 
  • Einkauf: Verwaltung von Anfragen, Angeboten, Bestellungen und Reklamationen. Automatisierte Überwachung von Lieferterminen, Abgleich mit Wareneingangsbuchungen und Rechnungsprüfung.

Wareneingang: Unterstützung bei WE-Prüfungen (Qualitätskontrolle, kaufmännische Prüfung), automatische Zuordnung von Bestellungen und Wareneingängen, Direktlieferungen (Cross-Docking), Buchung in verfügbaren, reservierten oder gesperrten Bestand, Verwaltung von Fehl- oder Teillieferungen.

5.2 Funktionen Lagerhaltung und Logistik

Güter und Materialien vom Lieferanten oder aus der Produktion werden bis zur Auslieferung an den Kunden im Lager gelagert. Die Lagerverwaltung in Warenwirtschaftssystemen deckt hierbei sämtliche logistischen Funktionen der Lagerwirtschaft ab und unterstützt sowohl administrativ als auch operativ: 

  • Lagermodell: Das physische Lager wird als Lagermodell im WWS abgebildet. Hierbei können Art, Anordnung, Kapazität und andere für die Lagerung relevante Informationen zu jedem Lagerplatz hinterlegt werden. 
  • Lagerplatzvergabe: Die im Wareneingang vereinnahmten Güter werden entsprechend ihrer Größe, Gewicht, Menge und weiterer Lagerbedingungen automatisch auf freie Lagerplätze oder im System hinterlegte Festplätze gebucht. 
  • Einlagerung: Die Einlagerung kann automatisch (über Fördertechnik) oder manuell erfolgen, wobei heute immer häufiger Scannertechnologie mit Bar- bzw. QR-Codes zum Einsatz kommt, um menschliche Fehler bei der Einlagerung zu vermeiden. 
  • Bestandsführung: Alle Bestände im Lager werden innerhalb des Warenwirtschaftssystems verwaltet und sind zu jedem Zeitpunkt aktuell. Sobald eine bestandsverändernde Buchung (z. B. ein Zugang durch Bestellung/Lieferung oder Abgang/Reservierung durch Kundenauftrag) im System erfasst wird, wird der neue, verfügbare Bestand systemweit angezeigt.
  • Auslagerungen: Kundenaufträge oder interne Umlagerungen werden innerhalb des Warenwirtschaftssystems angestoßen und quittiert, so dass der Bestand pro Artikel und Lagerplatz jederzeit auf dem aktuellen Stand ist. Auch Nachschublieferungen vom Zentrallager in Nachschublager werden im System gebucht und sind so jederzeit transparent und nachvollziehbar. 
  • Kommissionierung: Automatische Zuteilung von Beständen zu Kundenaufträgen, Kommissionier- bzw. Umlageraufträge können papierbasiert oder papierlos, einzeln oder als Batch freigegeben werden. Hierbei können auch Auslagerstrategien (z. B. FiFo) oder Optimierungen (kurze Wege, Fach räumen o. Ä.) angewendet werden. 
  • Inventur: Unterstützung von gängigen Inventurverfahren wie Stichtags-, Leerplatz- oder permanente Inventur, Erstellung von Zähllisten (Papier, Terminal), Durchführung der Inventur, Anstoß von Inventurkontrollen, Verbuchung der Inventurergebnisse und Inventurauswertung. 

5.3 Funktionen Warenausgang, Marketing und Vertrieb

Die Wertschöpfung bei einem Handelsunternehmen erfolgt über den Warenabsatz. Ein modernes Warenwirtschaftssystem bietet daher einen großen Funktionsumfang im Bereich Warenabsatz:

  • Kundenmanagement: Erfassung, Verwaltung und Auswertung von Kundenstammdaten und Kontakten; Erfassung von Anfragen, Erstellung von Angeboten. 
  • Marketing: Planung, Durchführung, Auswertung und Nachverfolgung von Marketingaktionen.
  • Vertrieb und Verkauf: Abbildung und Verbuchung von Verkaufsabschlüssen über alle genutzten Kanäle (stationärer Handel, Onlineshop, elektronischer Marktplatz, Direktvertrieb etc.)
  • Warenausgang und Versand: Zuordnung von kommissionierter Ware zu vorliegenden Kundenaufträgen, Erzeugung von Versanddokumenten (Lieferschein, Packliste, Versandlabel etc.) anhand der im System hinterlegten Auftragsdaten, transportsichere Verpackung und Übergabe an Versandpartner (inkl. Tracking).
  • Fakturierung: Erstellung und Versand von papierbasieren und/oder digitalen Rechnungen. 

Retourenmanagement: Anmeldung und Prüfung von Retouren, Steuerung von weitergehenden Maßnahmen (Überprüfung Lagerbestand, Stellungnahme Lieferant, interne und externe Informationsweitergabe), automatische Freigabe von Gutschriften nach erfolgter Retourenvereinnahmung und -freigabe im Wareneingang. 

5.4 Zusatzfunktionen

Die meisten Warenwirtschaftssysteme sind modular aufgebaut und ermöglichen es so, zusätzliche Funktionen per Add-on einfach nachzurüsten. So kann der Funktionsumfang kundenindividuell erweitert werden, um gezielt benötigte und im Standard nicht enthaltene Funktionen zu ergänzen, ohne dafür das Grundsystem zu modifizieren oder ein zusätzliches System zu betreiben. Je nach Anbieter und Funktionsumfang des WWS stehen verschiedene Zusatzmodule zur Verfügung, um kundenspezifische Prozesse in dem Warenwirtschaftssystem zu integrieren. 

5.5 Schnittstellen

Eine weitere Möglichkeit, ein Warenwirtschaftssystem in eine komplexe IT-Landschaft mit unterschiedlichen internen und externen Anwendungen einzubinden, sind Schnittstellen. Diese ermöglichen den direkten Datenaustausch zwischen zwei Systemen und damit einen hohen Automatisierungsgrad. Typische Beispiele sind 

  • EDI (Electronic Data Interchange, elektronischer Datenaustausch), z. B. EDIFACT oder Schnittstelle zur Buchhaltung
  • Einbindung von Versanddienstleistern wie DHL 
  • Einbindung von Onlineshop-Systemen wie Magento oder Shopware
  • Einbindung von Onlinemarktplätzen wie eBay oder Amazon
  • Einbindung von Zahlungsdienstleistern wie PayPal, Kreditkartenunternehmen oder GiroPay
     

6 Was kostet ein Warenwirtschaftssystem?

Bei der Betrachtung der Kosten für ein Warenwirtschaftssystem müssen neben den Kosten für die Anschaffung (Lizenzkosten) auch die die laufenden Betriebskosten berücksichtigt werden. Werden diese nicht nur für einen begrenzten Zeitraum (z. B. ein Jahr), sondern für die gesamte Zeit der Nutzung (z. B. zehn Jahre) ermittelt, ergeben sich die sogenannten „Total Cost of Ownership“ (TCO), d. h. die Gesamtkosten für das System. 

6.1 Anschaffungskosten

Als Anschaffungskosten werden alle Kosten betrachtet, die für die Einführung und produktive Nutzung eines Warenwirtschaftssystems entstehen. Bei einem On-Premise-System sind das die Investitionen für die notwendige Hardware sowie die Lizenzkosten für das System. Ebenfalls in die Anschaffungskosten gerechnet werden müssen Kosten für die Implementierung (z. B. für die Datenmigration aus bisherigen Systemen und für die Schulung von Mitarbeitern) sowie ggf. für Anpassungen am System, das sogenannte „Customizing“. 

6.2 Betriebskosten

Die Betriebskosten setzen sich zusammen aus den Betriebskosten der Hardware (Miete, Abschreibung, Wartungsverträge, Support, Personal etc.) und den Nutzungs- bzw. Lizenzgebühren, die meist monatlich abgerechnet werden. Auch die Kosten für Ersatzteile und Reparaturen sowie die Bereitstellung eines gekühlten bzw. klimatisierten Serverraums oder Rechenzentrums sollten schon bei der Planung mit eingerechnet werden: IT-Geräte sind anspruchsvoll, ihre „artgerechte Haltung“ benötigt viel Energie, und wenn daran gespart wird, werden sie schnell unzuverlässig und anfällig für Fehler und Ausfälle.

 

7. Lohnt sich ein Warenwirtschaftssystem für kleine und mittlere Unternehmen?

Lange Zeit wurden Unternehmenssoftwareanwendungen wie ERP- oder Warenwirtschaftssysteme nur von großen, finanzstarken Unternehmen genutzt, während kleine und mittelständische Unternehmen höchstens Insellösungen wie eine Lagerverwaltung oder ein Buchhaltungsprogramm einsetzten. Denn noch vor wenigen Jahren war der Einsatz solcher Unternehmenssoftware nur mit einem leistungsstarken Rechen- bzw. Serverzentrum vor Ort (On-Premises) möglich. Das ist auch heute, in Zeiten von SaaS und cloudbasierten IT-Anwendungen, nicht anders – mit dem kleinen, aber gerade für KMU bedeutsamen Unterschied, dass die Serverfarmen längst nicht mehr beim Endkunden stehen (müssen). Sie können auch in einem eigens dafür ausgestatteten, sicheren, dezentralen Rechenzentrum stehen – etwa dem des Anbieters, dessen Software im Unternehmen genutzt wird. 

Das hat für kleine und mittlere Unternehmen gleich mehrere Vorteile: 

  • Es muss keine leistungsfähige IT-Infrastruktur angeschafft und betreut werden, hohe Investitionen vor dem Einsatz des neuen WWS entfallen also komplett.
  • Die Nutzung einer Cloud ERP- oder Warenwirtschafts-Software erfordert keine moderne und leistungsfähige Hardware, da sämtliche Transaktionen in Echtzeit auf den Servern des Anbieters verbucht und nur das Ergebnis auf dem Endgerät des Anwenders angezeigt wird. 
  • Neue Nutzer oder Funktionen lassen sich meist innerhalb von kürzester Zeit zuschalten. Das System kann also skalieren und wächst mit dem Unternehmen mit.
  • Alle Kosten sind transparent und kalkulierbar. 
  • Die Nutzung des Systems ist nicht an lokale Grenzen gekoppelt, so dass z. B. die Arbeit im Home Office ebenso möglich ist wie im Büro oder im Außendienst. 

Heutzutage ist es also eher ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, kein integriertes IT-System zu nutzen. Denn in diesem Fall müssen in der Regel viele Arbeitsschritte im Rahmen der Beschaffung, Lagerhaltung und Vertrieb wie in früheren Zeiten manuell durchgeführt werden, was nicht nur zeitintensiver, sondern auch fehleranfälliger ist. Zudem sind ohne vollständige, in Echtzeit ermittelbare Daten valide Planungen oder die Optimierung von Beständen kaum möglich.

 

8. Das richtige Warenwirtschaftssystem finden und auswählen

Es gibt zahlreiche Anbieter von IT-gestützten Warenwirtschaftssystemen, was es gerade für kleine und mittlere Unternehmen mit begrenzten Budgets schwierig machen kann, eine fundierte Entscheidung für ein System zu treffen. Dennoch ist es gerade bei begrenzten finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen wichtig, den Auswahlprozess zu strukturieren:

  1. Die eigenen Geschäftsprozesse vollständig aufnehmen und analysieren (Fehlerquellen, Verzögerungen, Kosten, Transparenz etc.)
  2. Optimierte Zielprozesse definieren und dokumentieren
  3. Aus den neuen Zielprozessen fachliche Anforderungen ableiten (z. B. in Form eines Lastenheftes), die durch das neue WWS erfüllt werden sollen 
  4. Gewichtung der Anforderungen (kritisch, nice to have etc.)
  5. Sondierung des Anbietermarkts und Verteilung des Lastenhefts an ausgewählte Anbieter 
  6. Auswertung und Vergleich aller Rückmeldungen der Anbieter.

Bei der Auswertung sollten nicht nur die Kosten und der versprochene Leistungsumfang berücksichtigt, sondern auch weitere wichtige Fragen (FAQ) beantwortet werden, etwa: 

  • Wie lässt sich das System benutzen? Wie intuitiv oder kompliziert ist die Bedienoberfläche? 
  • Welche Unterstützung bietet der Anbieter bei der Datenmigration oder Anpassung des Systems an die unternehmenseigene IT?
  • Ist das System skalierbar? Wie schnell stehen neue User oder Funktionsmodule zur Verfügung? 
  • Wie lassen sich vorhandene Anwendungen einbinden oder Schnittstellen zu anderen Systemen im Unternehmen realisieren? 
  • Ist die Kostenstruktur transparent, auch für Zusatzleistungen wie Support- oder Wartungsverträge?
  • Wird das System vom Anbieter kontinuierlich weiterentwickelt und an neue Trends, Sicherheitsanforderungen oder gesetzliche Änderungen angepasst?
  • Gibt es Referenzkunden aus der eigenen Branche, die das System erfolgreich nutzen?
  • Wo werden bei SaaS-Lösungen und cloudbasierten Anwendungen die Daten gespeichert? Werden die Vorgaben der europäischen Datenschutzgrundverordnung vollständig eingehalten? 
  • Mit welchen Maßnahmen stellt der Anbieter Datensicherheit, Datenintegrität und Datenschutz sicher?
  • Gibt es einen kostenlosen Demozugang oder einen begrenzten kostenlosen Testzeitraum, um das System ausgiebig zu testen?

 

9. Fazit

Ein IT-gestütztes Warenwirtschaftssystem ist heute für alle Unternehmen mit Warenwirtschaft unverzichtbar. Es hilft nicht bei der Planung und Optimierung von Geschäftsprozessen, sondern kann auch Arbeitsaufgaben und Prozessschritte automatisieren und damit schneller, kostengünstiger und sicherer abwickeln.

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