4 Anforderungen an ein Rechenzentrum, um SaaS-Produkte zu hosten

4 Anforderungen an ein Rechenzentrum, um SaaS-Produkte zu hosten

Software as a Service (SaaS) Angebote erleben zurzeit eine grosse Nachfrage. Vor allem Anwendungen zum Enterprise Resource Planning (ERP) und Customer Relationship Management (CRM) werden zunehmend in der Cloud betrieben. Dabei überzeugen SaaS-Applikationen in erster Linie KMU, bedingt durch die grosse Flexibilität, die einfache Skalierbarkeit und die hohen Sicherheitsstandards bei gleichzeitig optimaler Verfügbarkeit aller Daten. Bei der Auswahl einer Software as a Service Lösung ist jedoch nicht nur das Produkt des Anbieters selbst ein determinierender Faktor. Ferner ist auch relevant, dass es aufgrund des logischen Aufbaus zwischen den Rechenzentren, die die nötige Infrastruktur für SaaS liefern, signifikante Unterschiede gibt, die wiederum Auswirkungen auf den Betrieb einer SaaS-Lösung haben. In diesem Artikel erläutern wir die vier wesentlichen Qualitätskriterien für ein Datacenter und stellen anhand des Praxisbeispiels von Swisscom vor, wie in der Schweiz die höchste Ausbaustufe eines Rechenzentrums aufgebaut ist sowie was die signifikanten Vorteile eines Tier IV-Datacenters sind.

Anforderung 1: Hochverfügbarkeit

Ein zentrales Kriterium für die Infrastruktur eines unternehmenswichtigen IT-Systems ist und bleibt die ständige Verfügbarkeit aller Daten und der Anwendungen selbst. Unabhängig ob die Server im eigenen Unternehmen oder im Rechenzentrum betrieben werden, relevant für die Nutzung der Software ist dabei die Kennzahl der störungsfreien Zugriffszeit. Die Prozentwerte der durchschnittlichen Verfügbarkeit sind wiederum Bestandteil des Service Level Agreements, indem die zugesicherten Verfügbarkeiten den Preis der Dienstleistung bestimmen.

Über 99 % durchschnittliche Verfügbarkeit bieten heutzutage die meisten Anbieter an. Auch wenn die Ausfallzeiten auf den ersten Blick gar nicht so weit auseinander liegen, kann das – hochgerechnet auf die Dauer eines Jahres – mehr als drei Tage Ausfallzeit des Systems bedeuten. Es lohnt sich also einen genauen Blick in die eigenen Ausfallkosten zu werfen, um das Angebot mit dem optimalen Datacenter für die benötigten Anforderungen zu finden.

Anforderung 2: Redundanz

Aus der Forderung nach Verfügbarkeit ergibt sich die Forderung nach Redundanz. Strom- und Datenleitungen können beschädigt werden, Festplatten und CPUs können ausfallen. Daher bieten Rechenzentren mit hoher Verfügbarkeit entsprechend viele redundante Komponenten, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. So kann der Ausfall eines systemkritischen Bauteils innerhalb eines Rechenzentrums zeitnah aufgefangen werden, indem dieses im laufenden Betrieb stetig gespiegelt und die Ersatz-Komponente im Notfall zugeschaltet wird.

Anforderung 3: Sicherheit

Neben der Hochverfügbarkeit ist die Sicherheit der Daten vor unbefugtem Zugriff und Verlust ein wesentlicher Parameter für die Entscheidung eines passenden Data Centers. Schon bei der Zutrittskontrolle werden unterschiedliche Massstäbe bei der Videoüberwachung, der Zugangskontrolle oder dem kontinuierlichen Wachpersonal gesetzt. Hinzu kommt, dass auch eine Sicherheitskompetenz bezüglich des Brandschutzes eine relevante Rolle spielt. Über mehrere Brandabschnitte verteilte IT-Systeme bieten dabei den sichersten Schutz und sorgen dafür, dass Daten nicht aufgrund derselben Ursache verloren gehen. Ähnlich verhält es sich bei der Datensicherung, wo dank der Speicherung an unterschiedlichen Orten, im sogenannten georedundanten Backup, höchste Verfügbarkeit sichergestellt werden kann.

Anforderung 4: Zertifikate

Alle vorweg genannten Anforderungen werden in der Zertifizierung eines Rechenzentrums abgebildet. Die relevanteste und führende Klassifizierung wurde vom amerikanischen Uptime-Institute entwickelt. In dem TIA 942 (Telecommunications Infrastructure Standard for Data Centers) Standard ist die vierstufige Einteilung nach sogenannten Tier-Levels festgelegt:

Tier I: Rechenzentren dieser Klassifikation verfügen über keinerlei Redundanz. Sie bieten eine durchschnittliche Verfügbarkeit von 99,67 % und damit 28,8 Stunden Ausfallzeit pro Jahr.Tier II: In diesem Level werden einige Komponenten redundant betrieben. Mit 99,75 % durchschnittlicher Verfügbarkeit verringert sich der Ausfall pro Jahr auf 22 Stunden.Tier III: Zusätzlich zur Redundanz ganzer Server werden in dieser Stufe unterschiedliche Brandabschnitte genutzt. Die Ausfallzeit sinkt auf 1,6 Stunden, was eine durchschnittliche Verfügbarkeit von 99,98 % bedeutet.Tier IV: Diese höchste Zertifizierung erreichen derzeit in der Schweiz nur 2 Rechenzentren. 0,8 Stunden Ausfallzeit bzw. 99,991 % durchschnittliche Verfügbarkeit wird durch komplette Redundanz der IT-Systeme sowie der Strom- und Datenleitungen erreicht.   

Beispiel Swisscom: Das Tier IV Data Center in Bern

Das als Tier IV zertifizierte Swisscom Rechenzentrum wurde im Jahr 2014 in Bern Wankdorf eröffnet; zum aktuellen Zeitpunkt gibt es lediglich 2 Tier IV-Rechenzentren in der Schweiz. 60 Millionen Franken Investitionen sind in das Prestige-Projekt geflossen, um ein Datacenter für höchste Anforderungen zu schaffen. Auf vier Etagen bieten 54.000 Kubikmeter Platz für 5.000 Server und bis zu 10.000 Kundensysteme – und das Rechenzentrum kann noch weiter ausgebaut werden. Denn im ersten Ausbau-Schritt werden nur vier von maximal sieben Bereichen mit separatem Zugang genutzt.

Dieses Vorzeige-Datacenter wurde ausserdem nachhaltig konzipiert; die Abwärme fliesst beispielsweise in den Wärmeverbund der Stadt Bern und das Regenwasser dient durch Verdunstung als zusätzliche Kühlung. Insbesondere KMU mit hohen Bedürfnissen nach Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit sollten entsprechende Anbieter suchen, die auf Tier IV-Rechenzentren setzen, um ihre SaaS-Anwendungen zu betreiben.